Samstag, 24. September 2016

Wohnzimmer

Die Videotheken waren so etwas wie die Peepshows der 90er. Läden, in die unsere Eltern niemals reingehen würden. gibts ja eh nur Pornos. Ganz so falsch lagen sie damit auch nicht, denn traditionelle Videotheken machen 60% ihres Umsatzes mit Hardcore. Nein: Machten. Denn wer würde sich heute bei einer hübschen Studentin schon gern eine DVD mit obskurem Titel leihen? Mit der Gefahr, dass sie den Titel auch noch laut vorliest - vor allen Kunden. Die Fenster der Videotheken waren normalerweise verklebt mit Filmplakaten. Keinen schönen, einfach dem neuen Blockbuster vom Verleiher. Die Grundidee unserer Filmkunst ging anders: Das Schaufenster ist offen, man kann alles von draussen sehen. Wir hatten keine Vorbilder, denn es gab keine. Monatelang renovierte ich den Laden in der Revaler Str. Jeden Sonntag Trödelmarkt. Herauskam ein Cafe mit DVDs. Ein Wohnzimmer. Das sollte die Filmkunst auch sein. Ein Wohnzimmer für den Kiez. Im Gegensatz zu anderen Cafes oder Bars hatten wir die Möglichkeit, jeden anzusprechen. Ganz gleich, ob Alteingesessener, Student, Opa & Oma oder Punk - jeder liebt Filme. Jeder kommt zum Leihen. Und unsere Eltern? Die auch.


Mittwoch, 7. September 2016

Kino in der Badeschiff Sauna


Die Idee ist betörend: Kino in der Sauna. Das Badeschiff in Treptow, das ja bekanntlich den Traum aller Architektur Studenten darstellt, bietet im Winter eine Sauna. Filmkunst hat die passenden Filme. So kam man zusammen. Das darf man sich nun aber nicht so vorstellen, dass hier Komödien in der Finnen Sauna mit Wodka Aufguss geglotzt wurden. Neben den Sauna Kabinen gabs den Pool (der im Sommer als Freibad dient), einen Aufenthaltsraum mit Bar und Umziehkabinen. Natürlich für Mädels UND Jungs. So gehts: Büchsen runter, Handtuch umgelegt, ein Hefeweizen an der Bar und Film ab. Die Erfindung des erotischsten Kinos der Welt!

Freitag, 29. Juli 2016

Ritter Butzke - Lloyd Kaufman

Bevor die Bauaufsicht die alte Ritter Butzke schloss, war Llloyd Kaufman schon da. Geladen von Skulli für eine Troma Nacht. Nervosität in der alten Filmkunst (irgendwie ist alles in diesem Artikel alt - aber es handelt sich schliesslich um einen Retro-Blog)! Llloyd Kaufman besuchte unser kleines Ladengeschäft mit Geschenken: Handsignierte Troma DVDs, die wir immer noch stolz ausstellen. Ein älterer Gentleman, der so zuvorkommend und höflich ist, wie man es in alten Zeiten gewöhnlich war (um beim Thema zu bleiben). Unseren Kollegen Isti jedenfalls sah ich selten so ausser Rand und Band. Dermassen enthusiastisch, dass er die Troma DVDs bis heute auf Mitarbeiter Flat zu Hause hält. Wir reden immerhin über einen Zeitraum von sieben Jahren!


Freitag, 22. Juli 2016

Badeschiff Kino

Irgendwann hatte mein damaliger Partner Skulli die Idee, Filme im Badeschiff vorzuführen. Plantschen und dabei glotzen. Ein Widerspruch? Eine Leinwand wurde aufgebaut und vorn am Kassenhäuschen sass Grace, denn umsonst ist Kino nie. Was zeigt mn in so einem Familien-Spielplatz? Wenzel Storch - Die Reise ins Glück zum zweiten? Diesmal aber nahm das Unternehmen eine unerwartete Richtung. Max Goldt kommentierte die unzählichen Dias, die Storch während der elfjährigen Produktion gesammelt hatte. Die waren übrigens auch der Grund für den verspäteten DVD Release. Immer und immer wieder fand er noch ein Dias. Heute bin ich mir gar nicht so sicher, ob ich die Dias oder den Film witziger finde? Storch selbst erklärt jedenfalls die ungeheuer lange Produktionszeit (die ihn persönlich auch ruinierte) folgendermassen: Neun Jahre wurden verbraucht, um verlegte Werkzeug zu suchen, zwei Jahre wurde gedreht. Und das Publikum im Badeschiff? War es in der Lage, dieses einzige deutsche ruinöse Kunstwerk in den Höhengraden von Coppola oder Welles zu würdigen? Nein! aufgebracht über eine Szene, in der auf Kinder gepinkelt wird, rüttelte eine Jung-Mutter am Kartenhäuschen von Grace - verlangte lauthals ihr Geld zurück.

Donnerstag, 21. Juli 2016

Kino in der Bar 25

In der Bar 25 gabs den Zirkus und im Zirkus wiederum wurden Filme vorgeführt. Das Lebenswerk meines damaligen Partners Skulli war mit Sicherheit, die Rechte an den Filmen von Wenzel Storch zu ergattern. Wie geht man aber nun mit diesem Schatz um? Gemeinhin ist man sich da einig: Durch "Events". Genauso so eines sollte die Aufführung von Die Reise Ins Glück werden. Erst der Film, dann Disco! Disco darf wörtlich genommen werden, wenn DJs wie Jörg Buttgereit auch wirklich welche auflegen (und dazu einen verblüffenden Hampelmann Tanzschritt vorführen). In der Bar 25 gabs in etwa so viele Mitarbeiter wie Chefs. Jeder wollte vorab einen Platz reservieren, um dann gemütlich vom Wohnwagen durch den Hintereingang zu schlüpfen. Und die richtigen Gäste? Kein Platz mehr. Skulli reagierte promt und versperrte den Hintereingang zum "VIP" Bereich. Vorstellung kann beginnen!


Freitag, 15. Juli 2016

Strassenkampf

Heute tobt der Kampf um die Rigaer 96 und noch vor wenigen Jahren versuchte man, das RAW Gelände zu verteidigen. Damals traten zwei "Investoren" auf, einer aus Stuttgart mit für unsere Ohren merkwürdig hohem Nasalsound. Natürlich führten sie nichts Gutes im Schilde und man konnte von unserem kleinen Laden aus beobachten, wie die beiden "Investoren" versuchten, ein "Geschäft" aus dem Bahngelände zu machen. Das war damals noch weitgehend leer und eine wundervolle Industriebrache. Heute ist  das verwitterte Gelände eine Partymeile für die unteren 10.000. Und die "Investoren"? Immerhin wurden sie einmal von einem verwirrten Clochard über ihr eigenes Gelände jejagt. Mit einer selbstgebauten Peitsche aus Stacheldraht.


Mittwoch, 29. Juni 2016

Tresenansicht





Nachdem ich monatelang renoviert hatte, verzögerte sich die Öffnung des Ladens dramatisch. Obsession! Die Kugelboxen am oberen Rand, die Möbel und natürlich die Tapete. Schliesslich die Vertiefung der ollen Computer in Musikschränke. Meine DVD Bestellung beim Grosshändler war genauso umfangreich wie ärgerlich - für ihn. Der Job eines normalen Grosshändlers für Videothekengründungen geht an sich ganz einfach. Der neue Laden bekommt 30% Neuheiten und 70 % altes Zeug. Die Neuheiten kosten das Geld. Und das alte Zeug? Normalerweise sagt der Grosshändler-Chef dann: "Uschi, geh mal runter ins Lager und sieh nach, was wir noch so da haben aus Videothekenauflösungen." Es entspricht in etwa dem Programm, dass heute auf Netflix oder Amazon Prime läuft. Video Premieren mit Ice Cube oder abgestandene Roland Emmerich "Kracher".  Dummerweise legte ich eine Liste mit Einzeltiteln vor, die alle etwas gemein hatten: Kaum zu beschaffen. An dieser Stelle beginnt die Schwierigkeit der Cinethek. Wir wollen Titel, die gar nicht zum normalen Geschäft einer Videothek gehören. Arthaus, Indie, World Cinema. Wir wollen Filme, die auch echt im Kino liefen. Viele der Neuheiten interessieren uns gar nicht. Irgendwie kommts mir so vor, als ob dieses Geschäft auch in Zukunft schwierig bleiben wird... Die Filmkunstbar Fitzcarraldo setzt diese Mission fort: Das zu beschaffen, was nicht einfach ist. (Bild: http://www.luciapalacios.de/images/luciafilmkunst.jpg)