Wohnzimmer
Die Videotheken waren so etwas wie die Peepshows der 90er. Läden, in die unsere Eltern niemals reingehen würden. gibts ja eh nur Pornos. Ganz so falsch lagen sie damit auch nicht, denn traditionelle Videotheken machen 60% ihres Umsatzes mit Hardcore. Nein: Machten. Denn wer würde sich heute bei einer hübschen Studentin schon gern eine DVD mit obskurem Titel leihen? Mit der Gefahr, dass sie den Titel auch noch laut vorliest - vor allen Kunden. Die Fenster der Videotheken waren normalerweise verklebt mit Filmplakaten. Keinen schönen, einfach dem neuen Blockbuster vom Verleiher. Die Grundidee unserer Filmkunst ging anders: Das Schaufenster ist offen, man kann alles von draussen sehen. Wir hatten keine Vorbilder, denn es gab keine. Monatelang renovierte ich den Laden in der Revaler Str. Jeden Sonntag Trödelmarkt. Herauskam ein Cafe mit DVDs. Ein Wohnzimmer. Das sollte die Filmkunst auch sein. Ein Wohnzimmer für den Kiez. Im Gegensatz zu anderen Cafes oder Bars hatten wir die Möglichkeit, jeden anzusprechen. Ganz gleich, ob Alteingesessener, Student, Opa & Oma oder Punk - jeder liebt Filme. Jeder kommt zum Leihen. Und unsere Eltern? Die auch.
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